Der TV Solothurn zeigt gegen Handball Bern seine beste Saisonleistung, schrammt gegen die ehemaligen Teamkollegen jedoch haarscharf an einem Sieg vorbei. Just in dem Moment, als alles für den Underdog zu laufen schien, versagen den Solothurnern die Nerven. Anstatt eines Sieges resultiert am Ende eine ärgerliche 24:26-Niederlage für den TVS.
Gaudenz Oetterli
Es war vier Minuten vor dem Ende des Spiels. Der TV Solothurn hatte dank einer bärenstarken Leistung die bisher verlustpunktlosen Berner kurz vor den Abgrund gespielt. Doch anstatt die ehemaligen Teamkollegen endgültig runterzustossen, reichten die Ambassadoren ihren Kontrahenten die Hand. Der TVS führte zu diesem Zeitpunkt mit 23:22 und soeben hatte Handball Bern in Person von Moritz Gerber eine Zweiminutenstrafe kassiert – Überzahl Solothurn und somit alle Trümpfe beim Heimteam.
Just in dieser komfortablen Situation mit allen Vorteilen auf ihrer Seite versagten den Mannen von Trainer Andri Tatarinoff die Nerven. Trotz dreier Angriffe während der Überzahl gelang dem TVS kein Treffer. Im Gegenteil, Handball Bern drehte mit einem schnellen Gegenstoss und einem Treffer gleich nach Ablauf der Strafe die Partie sogar auf seine Seite. Solothurn war danach nicht mehr zu einer Reaktion fähig.
TVS gerät arg in Rückstand, kämpft sich aber wieder ins Spiel
Im Vorfeld des Spiels gab es auf beiden Seiten viele Gedankenspiele, wie dieses Duell unter Freunden aussehen würde. Auf dem Papier war Bern der haushohe Favorit und nicht wenige rechneten mit einer ordentlichen Klatsche für den TV Solothurn. Nicht so Trainer Andri Tatarinoff und sein Team, bei denen die Vorfreude auf dieses Spiel gross war, trotz der schwierigen Voraussetzungen. Die Frage war lediglich, ob es gelingen sollte, diese Freude und Motivation aufs Feld zu bringen.
Zu Beginn der Partie sah es so aus, als sollten die Kritiker recht behalten. Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase (4:4) übernahm Handball Bern nach rund zehn Minuten den Lead und baute seine Führung innert kurzer Zeit bis auf 9:5 aus (17. Minute). Vieles deutete darauf hin, dass der Ligakrösus aus der Hauptstadt den Tritt gefunden hatte und dem Underdog die Grenzen aufzeigt. Doch weit gefehlt. Die Solothurner steckten nicht auf, eroberten in der Folge gleich mehrere Bälle und machten den Rückstand Tor um Tor wett. Mit dem Pausentee waren die Uhren dann wieder auf null gestellt, es stand 14:14.
Eine solche Leistung braucht Solothurn nun in den weiteren Partien
In der zweiten Halbzeit liessen sich die Gastgeber dann nicht mehr erwischen. Sie erarbeiteten sich ein paar Minuten nach dem Seitenwechsel sogar leichte Vorteile. So war es zumeist der TVS, der bei ausgeglichenem Spielstand einen Treffer vorlegte und den Gegner unter Druck setzte. An dieser Stelle muss auch den Bernern ein Kränzchen gewunden werden. Sie behielten in dieser entscheidenden Phase stets die Nerven und liessen sich zu keinem Zeitpunkt entscheidend distanzieren. Abgesehen von ein oder zwei Fehlwürfen – welche jedoch auch die Solothurner verzeichneten – unterliefen den Hauptstädtern keine Fehler. Zuletzt war es dann eben das Heimteam, das in diesem Krimi mit den Nerven zu kämpfen hatte. Und das genau in jenem Moment, als eigentlich die Berner hätten nervös sein sollen.
Den Solothurnern und vor allem Trainer Andri Tatarinoff bleibt am Ende die tröstliche Gewissheit, dass sein Team zum ersten Mal in dieser Saison sowohl in der Verteidigung und im Angriff eine hervorragende Leistung ablieferte. Gegen das nominell stärkste Team der Liga waren am Ende zwei unaufmerksame Minuten entscheidend. Gegen die allermeisten anderen Teams in der Liga kann man mit einem solchen Auftritt punkten, einzig besagtes Bern, WEST Crissier und der HS Biel haben einem TV Solothurn in dieser Form etwas entgegen zu setzen. Und gegen alle diese drei Kontrahenten hat der TVS in der Hinrunde bereits gespielt.
Foto: Urs Trösch
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