Der TV Solothurn gewinnt in Vevey nach anfänglichem «Knorz» am Ende deutlich mit 30-18 (14-10) und nimmt somit die beiden budgetierten Punkte zurück in die Ambassadorenstadt. Eine über weite Strecken solide Leistung, trotz dezimiertem Kader, reichte am Sonntagnachmittag am Genfersee, um Vevey den Schneid abzukaufen.
Andri Tatarinoff
Handball ist, wie viele weitere Sportarten ebenfalls, ein sehr psychologisch geprägter Sport. Ist man mental nicht auf der Höhe oder geht gedanklich etwas nonchalant in ein Spiel, schenkt man gut und gerne dem Gegner einen halben Meter zu viel Platz oder lässt die letzte Konsequenz in einer 1-1 Situation vermissen. Genau im mentalen Bereich lag am Sonntag die Herausforderung für die Herren aus der Aarestadt. Man reiste zum Tabellenletzten in eine optisch kalte, stimmungsarme Gymnasium-Halle. Kein Speaker, keine Werbung, kaum Musik, kein Event! Schwierig, bei Spielkonditionen, die stark an eine durchschnittliche 2. Liga Equipe erinnerten, mental auf der Höhe zu sein!
Entsprechend harzig aus TVS Sicht verlief dann auch die Startviertelstunde des Spiels. Auf der einen Seite ein etwas fahrig und mutlos auftretender TVS, der nicht mit technischen Fehlern, Abstimmungsschwierigkeiten und Fehlwürfen geizte. Auf der anderen Seite die Romands, die nichts zu verlieren hatten, beherzt um jeden Meter kämpften, sich gegenseitig pushten und mittels ihrem unkonventionellem Spielstil aus allen Lagen auf das TVS Tor zu ballern versuchten.
Turnaround im Spiel geglückt
So war es dann auch nicht erstaunlich, dass der Favorit aus Solothurn nach knapp 15 gespielten Minuten mit 6-4 im Rückstand lag. Oft verläuft dann auch der Spielverlauf in solchen Situationen so, dass der vermeintliche Favorit mehr und mehr in eine Negativspirale gerät während sich der Underdog durch seine Einsatzbereitschaft und seine Leidenschaft in einen Rausch spielt. Nicht dieses Mal. Zu gross war in dieser Partie auch der qualitative Unterschied der beiden Teams.
Nach den holprigen Startminuten legte der TVS den Schalter ab Mitte der ersten Halbzeit um, holte den Rückstand auf und zog bis zur Pausensirene langsam, aber stetig, den immer mehr überfordert wirkenden Waadtländer, davon. Auch wenn die Romands für den letzten Treffer vor der Pause verantwortlich waren und nochmals auf 10-14 verkürzen konnten, der TVS schien nun den Tritt gefunden zu haben.
Kür in Halbzeit zwei
Beherzt und aufopferungsvoll kämpften die Herren vom Genferseeufer zwar auch in Halbzeit zwei weiter, liefen dann aber schon nach rund acht gespielten Minuten gegen die bekannte Wand. Marco Strähl, der nach der Pause für Jan Tatarinoff den Kasten hütete, zeigte diverse starke Paraden und seine Vorderleute reihten Gegenstoss an Gegenstoss, womit Ben Moussas Tor in der 40. Spielminute zum 21-12 die Vorentscheidung bereits gefallen war. So glänzten die Ambassadoren beim Tabellenletzten dann doch noch, konnten gegen Ende der Partie noch das eine oder andere Kabinettstück ausprobieren und letztendlich einen ungefährdeten Kantersieg einfahren. Erfreulich für den Trainer war auch die Tatsache, dass sich fast sämtliche TVS-Feldspieler in dieser Partie in die Torschützenliste eintragen konnten. Alle, ausser Topskorer Beer :D
Nun folgen die Brocken
Galten die Ambassadoren in der vergangenen Partie noch als Favorit, können sie in den nächsten Partien wieder die etwas bequemere Rolle des Underdogs einnehmen. Den Auftakt der Serie gegen die Favoriten bildet kommenden Samstag der HBC Nyon, dem es am vergangenen Wochenende als erstes Team der Liga gelungen ist, den Branchenprimus aus Bern zu bezwingen. Danach folgen Visp und Biel. Bleiben wir gespannt, wie die Solothurner mit der «anderen» Rolle umgehen.
Foto: Urs Trösch
Comments