Gaspedal finden und durchdrücken bis zum Ende
- tvsolothurn
- 19. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Der Solothurner Handball-Motor hat noch nicht so richtig gezündet. Die zwei Niederlagen in der Meisterschaft und ein knapper Sieg im Cup gegen ein unterklassiges Team gleichen eher einem Stottern. Der TVS muss seinen Antrieb möglichst rasch in Gang bringen, um den Start in die Saison nicht komplett zu verpassen.
Gaudenz Oetterli
Die aktuelle Tabelle der Erstliga-Gruppe 3 liest sich wie das Horrorszenario des regionalen Berner und Solothuner Handballs. Auf den letzten vier Rängen liegen nacheinander Lyss (1 Punkt), Solothurn, Thun/Steffisburg und Herzogenbuchsee (alle 0 Punkte). Nur wenig davor und ebenfalls nur mit einem Zähler, jedoch mit erst einem absolvierten Spiel, grüsst Biel von Platz 7. Einzig Olten rettet die Ehre der beiden Kantone und ist mit dem Punktemaximum von vier Zählern auf dem zweiten Platz.
Natürlich handelt es sich bei dieser Situation um eine sehr frühe Momentaufnahme in einem langen Rennen, das am Ende 22 Runden umfassen wird. Und natürlich ist die Lage zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr aussagekräftig, man muss nicht unbedingt aus der Pole Position starten, um zu gewinnen. Dennoch können bereits jetzt erste Schlüsse gezogen werden.
Offensiv-Steigerung zu Lasten der Abwehr
Zum Ersten ist es so, dass der TVS trotz Kontinuität und nur minimaler Veränderungen im Kader spielerisch nicht dort steht, wo er eigentlich sollte. Den Vorteil, dass nur wenige neue Spieler in die Mannschaft integriert werden mussten, konnten die Aarestädter zum Saisonstart nicht nutzen. Dabei liegt das Problem vor allem in der Defensive. Gegen Olten kassierten die Ambassadoren 33 Gegentore, jüngst gegen Visp sogar deren 39. Diese grossen Hypotheken sind offensiv fast nicht zu kompensieren, auch wenn sich der TV Solothurn im Angriff auf einem deutlich höheren Level bewegt als in früheren Saisons. Vor dem gegnerischen Tor und im Angriffsspiel ist in den letzten drei Jahren eine konstante Steigerung feststellbar. Solothurn kann deutlich mehr Abschlusssituationen kreieren und erzielt im Schnitt mehr Tore pro Spiel.
Die Kehrseite dieser positiven Entwicklung liegt auf der anderen Seite des Feldes, in der Verteidigung. Der Abwehrverbund war vor wenigen Jahren noch das Prunkstück des TV Solothurn. Nicht selten gelang es, Gegner auf 25 Gegentreffern oder weniger zu halten, was meist gleichbedeutend ist mit einem Sieg. Diese defensive Qualität, so scheint es, ist in den letzten Jahren schrittweise verschwunden. Vor allem gegen flinke Spieler, die Eins-gegen-Eins-Situationen suchen, können die Solothurner nur selten reüssieren. Gegentreffer resultieren meist aus Durchbrüchen, nach eben diesen verlorenen Mann-gegen-Mann Duellen oder über die Flügel. Gegentore durch Fernwürfe aus dem Rückraum hatten sowohl gegen Olten, wie auch gegen Visp, absoluten Seltenheitswert.
Ein Nachlassen während des Spiels mag es nicht leiden
Die zweite Erkenntnis aus dem dürftigen Saisonstart liegt im mentalen Bereich. Ein Problem, das sich auch in den letzten Jahren bereits öfters zeigte, liegt in der Kaltschnäuzigkeit in den wichtigen Spielphasen. Gegen Olten führten die Solothurner eine Viertelstunde vor Schluss mit 25:21 und waren zuvor über weite Strecken das bessere Team. Doch gerade, als es darum ging, den Gegner entscheidend zu distanzieren, um ihm die letzte Hoffnung zu nehmen, versagten die Nerven. Es folgten Fehlwürfe und technische Fehler und der Opponent schöpfte dadurch neue Hoffnung.
Gegen Visp lag der TVS zwar nicht in Führung, aber nach sieben Toren Rückstand schafften die Aarestädter dank diszipliniertem Spiel und unter grossem Einsatz den Anschluss zum 23:24. Die Walliser waren verunsichert und der TVS hätte diese Verunsicherung zur Wende ausnützen können. Vier Angriffe hintereinander jedoch gelang der Ausgleich nicht. Visp erholte sich und zog zum Sieg davon. Und auch im Cup fand der Zweitligist Oberwil/Therwil mehrere Male nach grossem Rückstand wieder zurück ins Spiel. Sobald die Tatarinoff-Truppe eine starke Phase im Spiel hat, wirkt es, als würde sie einen Gang zurückschalten, um Treibstoff zu sparen. Doch ein Verwalten des Vorsprungs – oder eine Pause in der Aufholjagd – mag es nicht leiden, denn die Gegner nehmen den Fuss auch nicht vom Gaspedal, solange sie noch eine Chance wittern, zu gewinnen.
Der nächste Gegner wird sich ebenfalls nicht so leicht abschütteln lassen, auch wenn der TVS im CIS erneut ein Heimrennen bestreiten kann. Die Romands von Lausanne-Ville/Cugy sind ungleich besser in die Saison gestartet als Solothurn, mit einem Sieg und einem Unentschieden in der Meisterschaft und einem weiteren Erfolg im Cup. Das Heimteam braucht für einen Erfolg endlich einen Motor, der rund läuft, und Spieler, die gewillt sind, bis zum Ende Vollgas zu geben.
Foto: Urs Trösch





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